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Gedeckte Tauben: Ein fränkisches Markenzeichen   (Covered Pigeons: A Franconian Special)

Vorkommen und Erscheinungsbild  

Gedeckt ist eine seltene Scheckung bei Haustauben. Standardisiert sind Gedeckte nur bei Fränkischen Trommeltauben sowie Nürnberger und Fränkischen Bagdetten. Wenn man bei Taubenrassen von 'Kulturgut' spricht, dann kann man auch ein spe­zielles 'Scheckungsmuster' wie die gedeckte Scheckung als solches auffassen, auf das die fränkischen Züchter stolz sein können. Besonders bemerkenswert, in diesem Fall wurde es von Taubenzüchtern geschaffen und bewahrt. Und das erfolgreich ge­gen an­fangs mißverständliche Musterbeschreibungen und unzureichende zeichneri­sche Darstellungen.

Folgen wir den Musterbeschreibungen, so sind weiß der Kopf, Vorderhals, 10-14 Schwingen bei den Bagdetten und 10-12 bei den Trommeltauben, Rücken, Bauch und Schulter sowie der Flügelbug und ein schmaler Streifen am unteren Flügelrand. Das Flügelschild ist mit Ausnahme des weißen Bugs und dem schmalen Streifen am Flügelunterrand farbig. Unter den Augen bis zum Schnabelansatz befindet sich beid­seitig ein farbiger Fleck, das 'Bäckchen'. Gezeigt werden sie gelegentlich auch in der Klasse der Schecken bei Steinheimer Bagdetten, bei denen Gedeckte aber nicht standar­disiert sind.

Fraenksiche-Trommeltaube-be.jpg  Gedeckte-Leipzig-klein.jpg 

Abb. 1: Fränkische Trommeltaube gedeckt

Frankische-Bagdette-Lipsia-.jpg  Fraenkische-Bagdette-rot-ge.jpg

Abb. 2: Fränkische Bagdetten schwarz und rot gedeckt

Gedeckte in bildlichen Darstellungen

Der Verfasser ist nicht unbedingt ein Freund von Buch- und Standardillustrationen durch Zeichnungen. Bei allem Bemühen schleichen sich zu oft Fehler im Detail ein, die schon ganze Züchtergenerationen in die Irre geführt haben. Eine Ausnahme macht das von Erich Müller editierte Illustriertes Rassetaubenbuch. Es ist mit großformatigen Aquarellen aller in Deutschland verbreiteten Taubenrassen versehen, alle von Jakob RelovskY geschaffen. Dazu ausdrucksstarke Zeichnungen typischer Scheckungen, Formen, Kopfpunkte etc.

IMG_5361.jpg 

Abb. 3: Titelblatt des Werkes Müller/Relovsky 1993, und daraus Nürnberger Bagdette gelb gedeckt und schwarz geganselt, Französische Bagdette weiß und Fränkische Bagdette blaugehämmert geganselt. Zum Künstler: http://www.tierschutz-rassege­fluegel-vielfalt-bewahren.de/rund-ums-hausgefl%C3%BCgel/gefl%C3%BCgel-und-kunst/

Prägnanter können die charakteristischen Merkmale von Taubenrassen kaum darge­stellt werden. Gezeigt wird links eine gelbe gedeckte Nürnberger Bagdette neben einer schwarzen Geganselten.

Eine der ersten oder die erste Darstellung einer gedeckten Nürnberger Bagdette fin­det sich im Neumeister von 1837. Es ist eine  gelbe Gedeckten mit weißem Bauch und weißen Flanken sowie  weißem Bug.  Das Bild insgesamt wird durch eine für Gedeckte untypi­sche Abgrenzung der weißen von den farbigen Partien bei der roten Geganselten und der blauen Gedeckten getrübt, wenn es denn solche sind. Die ab­weichende Markierung mit vollfarbigem Körper könnt auch ein Zeichen für eine sich erst herausbildende Scheckung sein, wie Moebes 1950 vermutete. Wahrscheinlich ist, dass Neumeister an den Farbenschlägen gar nicht  interessiert war, sondern nur an den markanten Köpfen und Figuren der Rasse. Bei der Scheckung hat er es wohl nicht so genau genommen. Für diese Interpretation spricht auch der kurze Text, wo­nach es auch Schecken gäbe, die auf weißem Grund große farbige Flecken hätten. Diese beiden haben im Widerspruch dazu aber einen farbigen Grund und darauf ab­gegrenzte größere farbige Flecken. Die farbigen Bäckchen fehlen sowohl bei den Gedeckten als auch bei der Geganselten. Die offenbar nachträglich aufgebrachte Kolorierung, durch die das Weiß einen Gelbton be­kommt, macht die Interpretation nicht einfacher.

 

Abb. 4: Nürnberger Bagdetten in blau gedeckt, rot geganselt, einfarbig schwarz, gelbgedeckt und weiß bei Neumeister 1837, 1876

Zu den etwas lieblos beschriebenen Farben im Urtext: "Ihre Hauptfarben sind blau, schwarz, roth, gelb oder ganz weiß, am häufigsten findet man Schäcken, die auf weißem Grunde große farbige Flecken haben" (Neumeister 1837, S. 32).

In der durch Gustav Prütz redigierten Fassung von 1876 wird die Darstellung nicht wirklich besser. Der Gelbton ist verschwunden, weiße Flächen sehen wieder weiß aus. Dafür hat die gelbe Gedeckte, jetzt rot, auch fälschlich einen farbigen Bauch und farbige Schenkel erhalten, die sie vorher nicht hatte. Bäckchen fehlen den Tieren auf dem Bild weiterhin. Derjenige, der die Kolorierung in die 3. Auflage eingebracht hat, hat auch den Text nicht gelesen (Neumeister/Prütz 1876, S. 37). Dort werden sowohl die Ge­herzten (Geganselten) als auch die Gedeckten einschließlich des Bäckchen, Zügel oder Mücken genannt, korrekt nach den heutigen Vorstellungen beschrieben. Diese Beschreibung übernimmt Prütz auch für sein 'Illustrirtes Mustertaubenbuch' von 1885.

Das 'Illustrierte Prachtwerk' von Schachtzabel stellt im Hinblick auf die Beschrei­bung der Farbenschläge einen Rückschlag dar. Geherzte (heute umbenannt in Ge­gan­selte) und Gescheckte werden genannt, aber nicht beschrieben. Die Abbildung ist dagegen ein Fortschritt. Neben einer Weißen und drei Geherzten wird auch eine blaue 'Gescheckte', jetzt Gedeckte mit korrektem weißen Brustschnitt, farbigen Dec­ken und angedeutetem weißen Bug abgebildet. Auch Bäckchen sind sowohl bei den Geherzten als auch bei den Gedeckten vorhanden. Die Bezeichnungen  'Ge­herzte' und 'Gescheckte' werden zunächst fortgeschrieben. Auch in alten Musterbe­schrei­bungen, wie der von 1954, werden Gedeckte noch gescheckt genannt, in Klammern hinzugefügt 'überdeckt'.

Abb. 5: Nürnberg Bagdette blau gedeckt, gelb, schwarz- und rotgeganselt sowie weiß bei Schachtzabel 1910

Das Titelblatt der Broschüre von Werner K.G. Moebes über die Nürnberger Bagdette aus dem Jahr 1950 zeigt mit dem Bild von W. Bürger sowohl die beiden geganselten Tiere als auch das blaugedeckte Tier in der korrekten Scheckung.

Abb. 6: Titelblatt der Monographie von W.K.G. Moebes mit dem Titelbild von W. Bür­ger

Vor Zeichnungsfehlern ist niemand gewappnet. Bei dem im Nürnberger Taubenmu­seum hängenden Gemälde von Lysgaard-Madsen aus dem Jahr 1949 fehlt bei den Gedeckten durchgängig der weiße Bug. Schön ist, dass auch die Einfarbigen, die oft vernachlässigt werden, mit erfasst sind. Bei den Weißschlägen ist er vielleicht durch die Dänischen Tümmler mit weißen Schwingen inspiriert worden, vielleicht auch durch Kreuzungsprodukte, denn in Dänemark wurden zur Verbesserung der Tümm­ler auch Bagdetten eingesetzt.

Abb. 7: Nürnberger Bagdetten in allen existierenden und einigen nicht existierenden Farben auf einem Gemälde von Lysgaard-Madsen (Deutsches Taubenmuseum Nürnberg)

Das vierblättrige Kleeblatt: Geganselt, Geherzt, Weiß und andere Einfarbige

Bei den fränkischen Rassen mit der gedeckten Scheckung kommen diese immer zu­sammen mit den genetisch verbundenen rezessiv Weißen und Geganselten sowie Einfarbigen vor. Schon im  Ausgangsbild von Neumeister ist bei den Nürnbergern auch eine Einfarbige dabei.  Eine der Besonderheiten ist die Spalterbigkeit.  Umfang­reichen Zuchtaufzeichnungen bei Züchtern Fränkischer Trommeltauben um Rudolf Hartmann zeigten, dass alle erfassten Zuchtpaare von Gedeckt x Gedeckt spalterbig waren. Sie spalteten in einem bestimmten Verhältnis in Gedeckte, Geganselte, re­zessiv Weiße und andere Einfarbige auf (siehe schon Sell 1995, S. 178-180). Wenn jemand glaubt, spalterbig bedeute automatisch eine unregelmäßige Scheckung, dann irrt er. Die Gedeckten aus diesen Paarungen zeigen mit geringen individuellen Unterschieden das gewünschte regelmäßige Muster. Die Aufspaltung aus zwei Ge­deckten in Einfarbige, Gedeckte, Geganselte und Weiße ist in der folgenden Bild­montage aufgezeigt.

Ergebnisse-aus-Gedecken-IMG.jpg

Abb. 8: Spalterbigkeit der Gedeckten der Trommeltauben

Neulinge mögen die Aufspaltung als einen Fehler betrachten und darin von vermeint­lichen Experten bestärkt werden. Sie ist aber kein Fehler, sondern eine genetisch bedingte Besonderheit. Alle Färbungen dieses Quartetts, Gedeckte, Geganselte, Weiße und andersfarbige Einfarbige sind im Standard enthalten und können auf den Schauen gezeigt werden. Bei den anderen Rassen mit der gedeckten Scheckung wird kaum einmal etwas aus den Zuchten berichtet.

Gedeckte auf den Ausstellungen

Auf den Ausstellungen sieht man Gedeckte selten. Ausnahmen sind die Sonder­schauen bei den Fränkischen Trommeltauben, bei denen von einigen Spezialisten größere, und dann auch hoch bewertete Kollektionen gezeigt werden. Auf anderen Schauen gewinnt man mitunter den Eindruck, dass Züchter und Preisrichter der Mu­sterbeschreibung wenig Beachtung schenken. Das Übersehen von Abweichungen zum Standard, wie hier im Bild mit vollständig farbigem Unterkörper und fehlendem weißen Bug bei einer Trommeltaube (Abb. 7 links), mag von einigen als Förderung eines seltenen Farbenschlages gesehen werden.

 

Abb. 9: Fränkische Trommeltaube links mit fehlerhafter Bauchscheckung und fehlen­dem weißen Flügelbug, vielleicht noch eine Spätfolge von Nonneneinkreuzungen, und rechts eine schwarze Gedeckte

In Wirklichkeit ist es das Gegenteil. Zum einen wird es den Züchtern nicht gerecht, die korrekte Tier besitzen. Zum anderen wird bei Züchtern, Besuchern und weltweit durch Abbildungen solcher Tiere im Internet oder anderen Publikationen ein falscher Eindruck über den Farbenschlag vermittelt. Wenn bei seltenen Farbenschlägen die Zuchten der wenigen Spezialisten einmal verloren gehen sollten, dann sind nicht nur die Tiere weg, auch die Erinnerung daran, wie sie einmal ausgesehen haben.

Bei deutschen Rassen auf den Großschauen sollten Preisrichter und ggf. auch Zuchtausschüsse sich über die Raritäten besser informieren und schon etwas ge­nauer hinschauen. Das Heimatland hat nicht nur Standardhoheit. Mit dieser ist aus der Sicht des Verfassers auch eine Verantwortung für eine korrekte Außendarstel­lung verbunden.

Covered Pigeons: A Franconian Special

Covered is one of the rare piebalds that only is standardized  in a few pigeon breeds, all of them from the region Franconia in Germany. In these breeds regularly also the whites, colored selfs, bald-head magpies ('geganselt') occur. They are standardized at Franconia and Nuremberg Bagdettes and also at Franconian Trumpeters. Stein­heim Bagdettes in this marking are sometimes shown in the class for 'pieds'. The cor­rect marking my be seen in Figure 1 and Figure 2. The correct marking may also be studied at the yellow Nuremberg Bagdette, an excellent drawing from Jakob Relovsky in the illustrated pigeon book Müller/Relovsky from 1993.

Perhaps the first drawing of a covered that exists is the painting from Neumeister (1837). The covered yellow (2nd from right in Fig. 4) has a white belly and a white bug, only the colored cheek is missing. There is also a blue pied and a red pied, per­haps suggested to represent a covered again and a red ganzel. However, if we look more careful we find the colored ground instead of the white. It is in­teresting to note that the painting is contradictory  to the description of pieds by Neumeister himself. They should have greater colored parts at a white ground in contrary to the painting with some greater white parts at a colored ground. The identical painting, however, with a different colorations is shown in the 3rd enlarged edition by Gustav Prütz in 1876. In that edition the text description of the today ganzel marking (with a colored cheek) and covered is correct and in line with our understanding today. The painting again poses problems. The blue and red pieds still show a pied marking that again contradicts the text. In addition now the yellow covered is changed to red and the white belly and flanks are lost.

A next and pleasant painting is that in the book from Schachtzabel (1910) with a nice blue covered at the left (Fig. 5). The correct marking is also shown as is the nice cover picture of the monograph on Nuremberg Bagdettes from Werner K.G. Moebes from 1950 (Fig. 6). Nuremberg Bagdettes in all colors and also in white-flights that do and never did exist are shown in the painting from  Lysgaard-Madsen (1949) shown in the Nuremberg Pigeon Museum, unfortunately all covered are lacking the white bug.

Due to Rudolf Hartmann and other breeders of Franconian Trumpeters there are ex­tensive records from the breeding pen and thus there is some insight into the ge­netics of that marking. The sketch in Fig. 8 indicates the outcome from two covered as a pied marking that breeds not true. The colors raised from such a mating are for themselves useful in the breeding program. The topic was still discussed by the au­thor in 1995 and also in 'Pigeon Genetics'. Despite a clear standard sometimes mis­marked pigeons like the covered Franconian Trumpeter with complete black belly and lacking white bug are shown and graded (Fig. 9). Some people consider that a promotion of rare varieties, however, in reality it is the opposite and destructive because breeders and other ob­servers get the wrong signal.

Literatur:

Moebes, W.K.G., Die Nürnberger Bagdette im Spiegel der Welt, Bochum (1950)

Müller, E., und J. Relovsky, Illustriertes Rassetaubenbuch, Augsburg 1993

Neumeister G./ G. Prütz, Das Ganze der Taubenzucht, 3. Aufl. von Gustav Prütz, Weimar 1876

Neumeister, G., Das Ganze der Taubenzucht, Weimar 1837

Prütz, G., Illustrirtes Mustertaubenbuch, Hamburg (1885)

Schachtzabel, Illustriertes Prachwerk sämtlicher Tauben-Rassen, o.J. Würzburg 1910

Sell, Axel, Genetik der Taubenfärbungen, Achim 2015

Sell, Axel, Pigeon Genetics, Achim 2012

Sell, Axel, Tauben. Züchten mit System, Reutlingen 1995